Sten Nadolny, geboren am 29. 7. 1942 in Zehdenick an der Havel als Sohn des Schriftstellerehepaares Isabella und Burkhard Nadolny. Aufgewachsen in Oberbayern. Studium der Geschichte in München, Tübingen, Göttingen und Berlin. Promotion mit einer Arbeit über „die Genfer Abrüstungsverhandlungen 1932/33“. Geschichtslehrer, danach Aufnahmeleiter beim Film. 1990 Gastdozentur für Poetik der Gegenwartsliteratur an der Universität München, 2000 Poetikdozentur an der Universität Göttingen. Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Nadolny lebt in Berlin und am Chiemsee.
* 29. Juli 1942
von Thomas Überhoff
Essay
Als Sten Nadolny 1980 mit der Lesung des fünften Kapitels seines damals noch unveröffentlichten Romans „Die Entdeckung der Langsamkeit“ die einhellige Sympathie der Juroren des Ingeborg-Bachmann-Preiskomitees eroberte und die Preissumme in nobler Geste unter seinen teilnehmenden Kollegen aufteilte – wegen des „schädlichen Wettbewerbscharakters“ der Veranstaltung, wie er in einem Brief an die Juroren bemerkte –, war die literarische Öffentlichkeit gespannt auf das Debüt dieses Autors.
Umso auffälliger war dann aber die Zurückhaltung der Rezensenten gegenüber seinem 1981 erschienenen Roman „Netzkarte“, der die hochgesteckten Erwartungen in mancher Hinsicht enttäuschte.
Der Studienreferendar Ole Reuter kauft sich 1976, kurz vor dem Abschlussexamen für den Schuldienst, eine Netzkarte der Bundesbahn und begibt sich auf eine ziellose, aber nicht zweckfreie Reise durch ...